
Auf ein Bier im römischen Ägypten
Die alten Ägypter trafen sich gern zu geselligen Zusammenkünften, bei denen reichlich Bier konsumiert wurde. Es gab sogar altägyptische Vorläufer moderner Kneipen, die als „Deipneteria“ bezeichnet wurden. Diese Orte dienten dem Beisammensein und dem Biergenuss. Insbesondere aus der griechisch-römischen Stadt Tebtunis in der ägyptischen Oase Fayum besitzen wir umfassende Kenntnisse über diese „Kneipen“.

Die ptolemäische Dynastie stammte ursprünglich aus Griechenland und regierte Ägypten von 305 v. Chr. bis 30 v. Chr. Ihre Herrscher ließen sich in ägyptischer Tradition darstellen. Die Statue zeigt womöglich Kleopatra III., die Tochter von Ptolemaios VI. und Kleopatra II.
Grauwacke; H. 40 cm, Br. 9.9 cm, Ptolemäerzeit, 141–101 v. Chr.
Ägypten als römische Provinz
Nach dem Tod Alexanders des Großen im Jahr 323 v. Chr. übernahm Ptolemaios I. zunächst die Kontrolle über Ägypten und im Jahr 305 v. Chr. auch den Königstitel und begründete damit die ptolemäische Dynastie. Diese herrschte 275 Jahre lang über Ägypten und endete mit der berühmten Königin Kleopatra VII. Nach der Niederlage in der Schlacht bei Actium war diese nach Alexandria geflohen, wo sie eine weitere Niederlage gegen die Truppen des römischen Imperators Octavian erlitt. Wie ihr Geliebter Marcus Antonius beging sie schließlich Selbstmord, wodurch im Jahr 30 v. Chr. die Zeit des unabhängigen Ägyptens endete. Das Land wurde nun als römische Provinz Teil eines großen Imperiums und war insbesondere wegen seiner Ressourcen wie Getreide, wertvollen Stein oder auch Papyrus begehrt. Zudem bot es Zugang zu wichtigen Handelsrouten nach Indien.
Trotz der römischen Kontrolle blieben jedoch zahlreiche ägyptische Traditionen und Bräuche – ähnlich wie auch schon unter den Ptolemäern – erhalten. Die Bevölkerung sprach immer noch Ägyptisch und die Hieroglyphenschrift wurde zumindest in den Tempeln weiterverwendet. Götter wie Isis und Horus wurden weiterhin verehrt und auch die römischen Kaiser bauten Tempel im pharaonischen Stil, wie etwa die bis heute gut erhaltenen Anlagen in Edfu und Philae.
Die griechisch-römische Stadt Tebtunis und Sobek, der Herr von Tebtunis
Tebtunis ist eine Stadt am südlichen Rand der Oase Fayum, die aufgrund der Lage in der Wüste sehr gut erhalten ist. Tausende von Papyri und Ostraka – beschriftete Stein- oder Keramikscherben – wurden dort ausgegraben und geben einen seltenen Einblick in das Alltagsleben der Bewohner. Fayum wurde seit dem Mittleren Reich (1980–1680 v. Chr.) mit dem Gott Sobek in Verbindung gebracht und bereits in dieser Zeit wurde in Tebtunis ein erstes Heiligtum für diese Gottheit errichtet. Die eigentliche Stadt wurde jedoch erst etwa 300 v. Chr. gegründet und entwickelte sich schnell zum Kultzentrum von Soknebtunis, was übersetzt „Sobek, Herr von Tebtunis“ bedeutet.
Der Gott wird meist in Form eines Krokodils oder als Mensch mit einem Krokodilkopf dargestellt und ist bereits aus dem Alten Reich (2650–2150 v. Chr.) bekannt, wo er in den sogenannten Pyramidentexten erwähnt wird. Sobek wird als „der Wütende“ beschrieben, aber auch als ein Gott, der das Kraut auf den Feldern grün macht. Im Innenhof seines Tempels befand sich ein künstlicher See, in dem heilige Krokodile gehalten wurden, die nach ihrem Tod zu Ehren des Gottes mumifiziert und auf einem speziellen Tierfriedhof bestattet wurden.
Sobek residierte im Haupttempel, der sich im südlichen Teil der Stadt befand, unmittelbar an der Grenze zur Wüste. Die Hauptstraße der Stadt, der sogenannte Dromos, führte vom Tempel im Süden zu den fruchtbaren Gebieten im Norden. In der römischen Zeit war der Dromos eine 6 Meter breite und 210 Meter lange, mit Steinen gepflasterte Straße, die von Gebäuden gesäumt war. Sie bildete das Herz der Stadt und war ein Ort, an dem sich die Menschen zu religiösen Festen und Feiern versammelten. Seit pharaonischer Zeit waren Prozessionen bei denen Statuen des Gottes aus dem Tempel getragen wurden ein wichtiger Bestandteil vieler religiöser Zeremonien. An diesen Festtagen gab es üblicherweise reichlich zu essen und zu trinken, und man konnte ausgelassen feiern – dies natürlich zu Ehren der Götter.

Die Stele stellt den Krokodilgott Sobek dar, der als „Sobek-Re, Herr des Himmels“ vom Schreiber des Schatzhauses Penosiris angebetet wird.
Kalkstein, H. 32.2 cm, Br. 21.9 cm, Piramesse, Neues Reich, 19. Dynastie, 1279–1213 v. Chr.
Auf ein Bier beim Tempel
Entlang des Dromos befanden sich nicht nur Geschäfte. Gleich außerhalb des Tempels, am Anfang der Hauptstraße, stieß man auf die ersten sogenannten „Deipneteria“. Diese kleinen Gebäude bestanden aus einem einzigen rechteckigen Raum und dienten in römischer Zeit als „Speisesäle“ entlang der Hauptstraße. Die Gebäude gehörten entweder dem Tempel oder Privatpersonen und waren Begegnungsstädte, an denen sich wohlhabende Bewohner zu privaten und religiösen Anlässen trafen, um zu essen und nicht zuletzt Bier zu trinken. Bei Ausgrabungen in Tebtunis wurden in der Nähe der „Deipneteria“ Hunderte von antiken beschrifteten Stein- und Tonscherben (sogenannte Ostraka) mit Quittungen gefunden, von denen sich viele auf Bier beziehen. Diese Bierquittungen zeigen, dass bei solchen Zusammenkünften erhebliche Mengen konsumiert wurden.

Bier war ein wichtiger Bestandteil der Ernährung und wurde täglich getrunken. Das Bier der alten Ägypter unterschied sich aber in vielerlei Hinsicht vom modernen. Es enthielt keinen Hopfen und wurde anders als heutige Sorten u.a. aus Gerstenmalz, Datteln oder Mohn hergestellt. Es hatte einen höheren Proteingehalt und enthielt weniger Alkohol.
Keramik, H. 38 cm, D. 8 cm, Frühdynastische Zeit, 3100–2650 v. Chr.
Wer ging also in die „Deipneteria“? Es ist bekannt, dass sie wie ein „Clubhaus“ für örtliche Sunodoi – sogenannte Männervereinigungen – funktionierten, die wie moderne Vereine organisiert waren. Es gab bestimmte Regeln, die man als Mitglied befolgen musste. Allerdings gab es auch gegenseitige Unterstützung in sozialer und religiöser Hinsicht. In Tebtunis wurden mehrere Rechtsdokumente dieser Vereine gefunden. Als Mitglied war man verpflichtet, einen monatlichen Beitrag zu zahlen und außerordentliche Beiträge in Form von Bier und Wein für gesellige Zusammenkünfte zu leisten. Wenn die Mitglieder ihren Anteil nicht pünktlich und vollständig beglichen, wurden Geldstrafen von einem Treuhänder verhängt. Dieser war für die Finanzen des Vereins verantwortlich, wie z.B. die Einziehung von Bußgeldern ungehorsamer Mitglieder, aber auch dafür, den Mitgliedern in Zeiten der Not beizustehen. Die prestigeträchtigste Rolle war die des Vorsitzenden. Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehörte es, bei den Zusammenkünften im Speisesaal für Bier und Wein zu sorgen.
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