CEZA investiert in die Zukunft

Archäologische Altersbestimmung, Klima- und Sonnenforschung, aber auch Nachhaltigkeitsthemen, die heutzutage sowohl Hersteller als auch Verbraucher umtreiben – das sind Forschungsfelder, die am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie zum Tagesgeschäft gehören. In Zukunft werden sie immer mehr Raum einnehmen. Mit der Anschaffung eines zweiten Radiokohlenstoff-Beschleunigers erweitert das CEZA nun sein etabliertes C-14-Labor, um auch in Zukunft Spitzenforschung am Standort Mannheim betreiben zu können.

Das Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie an den Reiss-Engelhorn-Museen – kurz CEZA – hat in den letzten Jahren durch spektakuläre Untersuchungen an Mumien, Wikingerfunden und zum Klimawandel immer wieder für Aufsehen gesorgt. Jetzt geht das renommierte Institut durch die Anschaffung eines zweiten Radiokohlenstoff-Massenspektrometers einen bedeutenden Schritt in die Zukunft.

Die Radiokohlenstoffanalyse wird in der Wissenschaft, aber auch in der Industrie immer wichtiger. Das CEZA ist weltweit die einzige Einrichtung, die über gleich zwei entsprechende High-Tech-Geräte verfügt. Bei gleichbleibender Datenqualität können jetzt schneller Ergebnisse geliefert und auch größere Probenmengen bewältigt werden. Dank der Erweiterung können wir die Anzahl der Messungen in unseren Laboren verdoppeln. Damit können wir der steigenden Bedeutung der 14C-Analysen sowohl im industriellen als auch im wissenschaftlichen Sektor gerecht werden.

Doch wie funktioniert das mit dem Radiokohlenstoff und der Altersbestimmung überhaupt? Wir versuchen es, in ein paar einfachen Worten zu erläutern.

Mit 14C können wir 50.000 Jahre in die Vergangenheit blicken

Insbesondere für organische Materialien ist die 14C-Datierung eine universelle und präzise Methode zur Altersbestimmung. Das Element Kohlenstoff kommt in drei verschiedenen Ausprägungen vor. Während 12C und 13C stabil sind, zerfällt 14C mit einer bekannten Rate und kann daher zur Altersbestimmung herangezogen werden. Material, das Kohlenstoff enthält, wird z.B. durch Ernte einer Pflanze oder den Tod eines Lebewesens vom Kohlenstoffaustausch mit der Umwelt abgeschnitten. In der Folge nimmt die Menge des Kohlenstoffs 14C kontinuierlich ab. Nach 5.730 Jahren liegt genau die Hälfte an 14C im Probenmaterial vor, nach weiteren 5.730 Jahren ein Viertel und so weiter. Dadurch ist eine Altersbestimmung bis ca. 50.000 Jahre vor heute möglich.

Der Kohlenstoffkreislauf

Radiokohlenstoff wird in der Erdatmosphäre durch Wechselwirkung der kosmischen Strahlung mit den Stickstoffatomen in der Luft gebildet. An das entstehende 14C bindet sich umgehend Sauerstoff und es entsteht CO2, welches in der Folge über den Prozess der Photosynthese in Pflanzen übergeht. Über die Nahrungskette gelangt 14C anschließend auch in Mensch und Tier. Es findet sich aber auch in Flüssen, Ozeanen, Böden und Sedimenten wieder. Es kommt zu einem kontinuierlichen Austausch – dem Kohlenstoffkreislauf.

Da 14C in sehr vielen Materialien enthalten ist, können diese auch alle datiert werden, von Pflanzen über Holz, Holzkohle, Knochen, Haut und Haaren bis hin zu Produkten wie Papier, Stoff, Leder oder Leinwände. Gleiches gilt aber auch für Muscheln, Tropfsteine oder Elemente im Grundwasser, in Ozeanen, Flüssen oder Seen.

Was Archäologen hilft, Skelette, Mumien, Hölzer oder andere organische Materialien zu datieren, um ihr Alter zu erfahren, das ist auch ein immer wichtigerer Zweig in unserem alltäglichen Leben geworden und somit ein wichtiges Thema für die verarbeitende Industrie.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind die großen Zukunftsthemen unserer Zeit

Biobasierende Materialien heißt das Zauberwort im zweiten großen Tätigkeitsfeld der 14C-Analyse. Die Fragestellung richtet sich hier nicht nach dem Alter, sondern nach der Art der Kohlenstoffquelle aus der zum Beispiel ein Treibstoff, Öl, Kunststoff oder Kosmetikprodukt hergestellt wurde – biogen bzw. erneuerbar oder fossil also aus Erdöl beispielsweise. Da all diese Produkte oder Materialien sowohl aus petrochemischen oder natürlichen Ausgangsstoffen oder einer Mischung daraus hergestellt sein können, ist es wichtig zu wissen, welche Materialien verwendet wurden. Produkte werden als „biogen“ bezeichnet, wenn deren Ausgangsstoffe aus natürlichen bzw. erneuerbaren oder besser nachwachsenden Quellen, wie zum Beispiel Pflanzen, stammen. Mit Hilfe der 14C-Methode kann biogenes von fossilem Material und deren Mischungen unterschieden werden. Rein fossiles Material besitzt aufgrund seines Alters Kohlenstoff, der kein 14C beinhaltet, denn Erdöl ist in der Regel mehrere Millionen Jahre alt. Rein biogenes Material aber besitzt die 14C-Kohlenstoffsignatur des Wachstumsjahres der entsprechenden Pflanze.

14C betrifft uns alle

Wichtig wird diese Frage vor allem bei Themen rund um die Verwendung von Konsumartikeln wie zum Beispiel aus der Kosmetikbranche. Denn wer möchte seinen Körper schon mit Materialien belasten, die aus Erdöl hergestellt wurden. Ob Cremes, Lippenstifte oder Seifen – alles Produkte, die wir täglich nutzen und die uns gut tun sollen. Dass sie das nicht immer tun und auch zum Beispiel Allergien auslösen oder sogar zu ernsthafteren Erkrankungen führen können, hat die Wissenschaft längst bewiesen. Wir am CEZA können Herstellern mithilfe der 14C-Methode helfen, ihre Produkte so nachhaltig wie möglich und für den Verbraucher oder die Verbraucherin so gut wie möglich herzustellen. Denn auch im Produktionsprozess von Konsumartikeln erhalten Hersteller nicht immer die Grundstoffe, die sie erwarten. Eine 14C-Analyse allerdings bringt die tatsächliche Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ans Tageslicht.

Und dies trifft tatsächlich auf ganz viele Produkte zu, die uns im täglichen Leben begegnen, ohne dass wir intensiver darüber nachdenken. Kunstfasern für Kleidung, Lacke und Farben für Anstriche, Aromen in Bereichen der Lebensmittelindustrie und vieles, vieles mehr.

Neugierig geworden?

An den Reiss-Engelhorn-Museen wird Spitzenforschung betrieben. Erfahren Sie mehr.

Ausführliche Informationen zum Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie gibt es hier.

Ein Film mit Laborleiter Dr. Ronny Friedrich gewährt Ihnen Einblicke ins Labor und in die spannenden Einsatzmöglichkeiten der 14C-Methode.