Christiaan Barnard – Ein Pionier der Medizingeschichte
Am 3. Dezember 1967 gelang Prof. Dr. Christiaan Barnard und seinem Team die erste erfolgreiche Herztransplantation. Auch wenn dieser Erfolg nicht von Dauer war – der Patient starb 18 Tage nach dem Eingriff – schrieb der 45-jährigen Südafrikaner mit dieser Operation, die noch kein Mediziner vor ihm gewagt hatte, Medizingeschichte. Am 8. November 2022 jährt sich der Geburtstag von Christiaan Barnard zum 100. Mal.
Christiaan Neethling Barnard wurde 1922 in einer Kleinstadt der Provinz Westkap der ehemaligen Südafrikanischen Union geboren. Als eines von vier Kindern einer burischen Predigerfamilie waren seine Kindheit und Jugendjahre von finanziellen Sorgen und sozialer Ausgrenzung geprägt. Da sein Vater in einer Gemeinde der indigenen Bevölkerung diente, wurde die Familie von der örtlichen europäischen Bürgerschaft gemieden. Vor allem die Mutter vermittelte den vier Geschwistern die Überzeugung, dass sie durch entsprechendes Engagement all ihre Ziele erreichen können. Diese Haltung sollte die Persönlichkeit und den Werdegang von Christian Barnard wie auch den seiner Geschwister nachhaltig prägen. Noch Barnards Nachruf in der New York Times erwähnt die Episode, als Christiaan in seiner Jugend "mit einem geliehenen Schläger und einer Pappe, die die Löcher in seinen Turnschuhen abdeckte, eine Schulmeisterschaft im Tennis gewann".
Anfangsjahre als Mediziner
Wie sein Bruder Marius absolvierte Christiaan Barnard zunächst ein Medizinstudium an der Universität Kapstadt, welches er 1945 abschloss. Nach einer zweijährigen Tätigkeit als niedergelassener Arzt einer kleinen landwirtschaftlichen Dorfgemeinschaft folgten weitere berufliche Stationen in verschiedenen Krankenhäusern. Am Groote Schuur Hospital in Kapstadt, das Jahre später zum Schauplatz seines größten Erfolges werden sollte, absolvierte er seine Facharztausbildung zum Chirurgen.
1956 führte ihn sein ärztlicher Werdegang für zwei Jahre nach Minneapolis, wo er bei Clarence Walton Lillehei, einem der damals weltweit renommiertesten Chirurgen sowie dem Mitbegründer der Herz- und Thoraxchirurgie, neue chirurgische Techniken erlernte und über den Einsatz von Herz-Lungen-Maschinen forschte.
Als Barnard 1958 als Leiter der chirurgischen Forschung an das Groote Schuur Hospital in Kapstadt zurückkehrte, initiierte er dort die Errichtung einer Herzabteilung. Während dieser Zeit führte er zahlreiche Herzoperationen durch und war an der Entwicklung erster künstlicher Klappen für das menschliche Herz beteiligt. In diese Zeit fallen auch seine ersten Herztransplantationen, die er an Hunden durchführte.
Die erste erfolgreiche Herztransplantation
Zu Weltruhm gelangte Christiaan Barnard, als er in Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1967 im Groote Schuur Hospital die weltweit erste erfolgreiche Herztransplantation an dem 54-jährigen, schwer herzkranken Gemüsehändler Louis Washkansky vornahm. Das Spenderherz stammte von der 25-jährigen Denise Darvall, die nicht weit vom Groote Schuur Hospital entfernt von einem betrunkenen Autofahrer überfahren worden war. Nachdem die Neurologen des Krankenhauses die junge Patientin für hirntot erklärt hatten, stimmte ihr Vater der Organverpflanzung zu. Barnard trommelte sofort ein 30-köpfiges Team zusammen, zu dem auch sein Bruder Marius gehörte. Mit der rund fünf stündigen Herztransplantation wagte der südafrikanische Herzspezialist einen medizinischen Eingriff, den niemand zuvor riskiert hatte.
Die erste Herzverpflanzung löste ein enormes weltweites Medienecho mit teils sehr kontroversen Debatten aus. Neben ethischen Vorbehalten wurde in Fachkreisen die Tatsache kritisiert, dass die von Ärzteteams anderer Krankenhäuser weltweit und vor allem in den USA seit Jahren akribisch durchgeführten Vorbereitungen für Herztransplantationen negiert wurden und sich Barnard nicht nur fremde Forschungsergebnisse zum Vorteil gemacht, sondern auch eine Art Wettlauf um den ersten Platz inszeniert hätte.
Fotograf Max Scheler
Der deutsche Fotograf Max Scheler (*1928 in Köln, †2003 in Hamburg) begleitete 1967 die Geschehnisse rund um die Operation und die Genesung des Patienten Louis Washkansky als Pressefotograf.
Seit 1959 bildete Scheler zusammen mit Kollegen wie Robert Lebeck, Thomas Hoepker und Stefan Moses die Riege der berühmten stern-Fotografen, deren Bilderstrecken das Gesicht des Magazins maßgeblich prägten und nicht zuletzt dessen Ruf als Leitmedium erstklassiger Reportagefotografie begründeten. Eine besondere Qualität von Schelers Fotografien ist die visuelle Empathie, die sich in der Darstellung menschlicher Emotionen widerspiegelt.
So auch in seinem Porträt von Prof. Dr. Christiaan Barnard, das den Herzchirurgen am 18. Dezember 1967 zeigt. Der Operateur ist tief besorgt. Seine Körpersprache, seine Gesten und vor allem sein Blick sind stumme Signale seiner Hoffnungslosigkeit im Kampf um das Leben seines „Patienten Null“. Seit dem Eingriff waren rund zwei Wochen vergangen. Zwar lebte Washkansky, doch es zeichneten sich schwere gesundheitliche Komplikationen ab. Sein Immunsystem war durch die Verabreichung von hochdosierten Medikamenten gegen die Abstoßung des Fremdorgans zu geschwächt, um Infektionen abzuwehren. Nur drei Tage nach der Entstehung der Aufnahmen starb Louis Washkansky am 21. Dezember an den Folgen einer doppelseitigen Lungenentzündung.
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Die Fotografie von Max Scherer befindet sich in der zeitgenössischen Helmut-Gernsheim-Collection, die im Forum Internationale Photographie betreut wird. Erfahren Sie mehr über die Sammlungen.