Das Museum als Bildungsort – gestern, heute, morgen

Warum besuchen Sie ein Museum? Die Antworten auf diese Frage können vielfältig sein. Überlegen Sie einmal selbst, was einen Museumsbesuch für Sie gelungen macht. Möchten Sie unterhalten werden, möchten Sie staunen oder vielleicht etwas Neues lernen?

Sicher stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, dass Museen Bildungsorte sind. Bestimmt können auch Sie im Rahmen Ihrer Schullaufbahn mindestens auf ein bis zwei Museumsbesuche zurückblicken. Dass das Museum als Bildungsinstitution fungiert, scheint heute selbstverständlich, obwohl diese Rolle historisch betrachtet noch gar nicht so alt ist.

Der lange Weg zur Bildung

Der Name Museum leitet sich vom Altgriechischen museion ab. Dieser Begriff bedeutet so viel wie das Heiligtum der Musen. In diesen Tempeln und Lehrstätten verehrte man die Schutzgöttinnen der Künste und Wissenschaften und nutzte die Orte auch für akademischen Austausch. Am bekanntesten ist wohl das museion von Alexandria mit seiner berühmten Bibliothek. Ab dem Mittelalter war es der Adel, aber auch vermögende Bürger, die sogenannte Wunderkammern besaßen. In diesen Kammern sammelten sie Schätze aus aller Welt wie beispielsweise Tierpräparate, Mineralien, Skulpturen oder Kunstwerke, die sie, wenn überhaupt, nur exklusiven Gästen zugänglich machten. Das bekannteste Mannheimer Beispiel ist wohl Carl Theodor, der die Kunst und Kultur förderte und selbst leidenschaftlich sammelte. Zu seiner Zeit gab es Quellen, die Mannheim sogar als das Rheinische Athen bezeichneten und verkündeten, Carl Theodors Thron sei von Apoll und den Musen umringt.

Museale Sammlungen blieben einer breiten Öffentlichkeit demnach lange Zeit verwehrt. Erst die Aufklärung brachte am Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert die Forderung nach öffentlich zugänglichen Museen und damit der Möglichkeit, für alle Menschen, sich dort weiterzubilden. Das berühmteste Beispiel für diesen Wandel stellt wohl der Louvre in Paris dar, der noch während der französischen Revolution für die Bevölkerung geöffnet wurde – damals sensationell, aber wie ist es heute um die Museen bestellt?

Museen heute – Herausforderungen im Wandel

Museen stehen im 21. Jahrhundert vor vielen Herausforderungen: Das konventionelle Kulturpublikum wird zunehmend kleiner, die Gesellschaft wird heterogener und der Freizeitmarkt und damit die Konkurrenz werden größer. Auch die Ansprüche des Publikums werden dadurch immer höher. Menschen sind es heute gewohnt mitzuentscheiden oder zumindest zwischen Optionen wählen zu können. Diesen Trend bekommen auch konventionelles Fernsehen und Radio zu spüren: Bei Streaminganbietern wie Netflix, Spotify und Co. kann man selbst entscheiden, was zu welchem Zeitpunkt konsumiert wird. Museen leiden außerdem oftmals unter einem schlechten Ruf: Sie erscheinen langweilig, unverständlich und irrelevant für das eigene Leben, so hat es eine Studie von Prof. Birgit Mandel ergeben. Die Euphorie der Aufklärung, sich den Zugang zu öffentlichen Museen und die Möglichkeit der Bildung erkämpft zu haben, ist damit wohl endgültig verflogen.

Wenn ich allerdings Schulklassen nach Ausstellungsführungen frage, wie es ihnen gefallen hat, fallen die Antworten anders aus. Die Kinder berichten, dass sie Spaß hatten und mit ihren Familien die Ausstellungen nochmal besuchen möchten, um ihnen alles zu zeigen. Diese Antworten erhalten auch andere Kolleg:innen, die regelmäßig Schulklassen führen – doch woran liegt das, was macht den Unterschied?

Der Schlüssel, das Wundermittel, der heilige Gral der museumspädagogischen Arbeit heißt zurzeit Partizipation – und damit erzähle ich Ihnen nichts Neues. Bereits vor ca. 20 Jahren erkannten Museumsexpert:innen die Bedeutung der Einbeziehung ihres Publikums. Bei Schulklassen funktioniert das aktuell vor allem durch den Dialog. Anstatt 60 Minuten zu erzählen, führt man ein Gespräch mit den Schüler:innen, fragt sie nach ihren Erfahrungen, schafft einen Lebensweltbezug. So können die eigenen Essgewohnheiten, der Tagesablauf oder andere Themen ganz einfach mit alten Kulturen verglichen und Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede festgestellt werden. Die Kinder sind gefordert – sie konsumieren die Führung nicht nur, sie gestalten sie durch ihre Interessen und Erfahrungen mit. Dabei geht es in der Bildung längst nicht nur um die Aufnahme von Wissen – es werden Fähigkeiten geschult, Werte geprägt, Entwicklung vorangetrieben - und, vielleicht am Wichtigsten: Es macht Spaß und inspiriert! Diese Methode kann übrigens nicht nur bei Schulklassenführungen genutzt werden, es lohnt sich auch mit Erwachsenen in den Dialog zu treten. Probieren Sie es gerne bei Ihrer nächsten Museumsführung selbst aus, die Führungsperson freut sich sicher über Ihre aktive Teilnahme.

Zukunftsutopien

Ein Wandel hin zur Publikumsorientierung wird gerade von den meisten Museen vollzogen. Aber was kann noch kommen? Wagen wir also einen kleinen Ausblick in die Zukunft.

Stellen Sie sich ein Museum vor, bei dem Sie mitentscheiden, welche Themen bearbeitet werden. Denken Sie an eine Ausstellung, bei der Sie selbst zu Wort kommen, vielleicht sogar Ihre Geschichte Teil des Inhalts wird. Vielleicht besuchen Sie das Museum dann, um vor Ort hitzige Diskussionen zu führen, oder aber zum Meditieren. Vielleicht möchten Sie sich inspirieren lassen, vielleicht auch etwas lernen – was immer es ist, Sie können Ihr Museum so nutzen, dass es Ihnen Spaß macht, dass es Ihnen als sozialer Raum zur Verfügung steht.

Diese Vorstellung ist sicherlich gewagt, aber deswegen nicht unbedingt unrealistisch – denn wenn sich eines gezeigt hat, dann dass Museen eben keine starren und verstaubten Orte sind, sondern sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert und angepasst haben und dies auch weiter tun werden.

Mein abschließender Rat an Sie ist: Gehen Sie in ein Museum und haben Sie Spaß – die Bildung kommt dann ganz von allein.

Neugierig geworden?

Erfahren Sie mehr über die Museumspädagogik der Reiss-Engelhorn-Museen.