Eindrücke zur Fastnachtszeit

Willkommen in der fünften Jahreszeit! Robert Häusser hat einzigartige Impressionen zur Fastnacht mit seiner unverwechselbaren Handschrift aus unterschiedlichen und ungewöhnlichen Perspektiven dokumentiert, die dramaturgisch das Geschehen erhöhen und in Szene setzen. Seine Aufnahmen sind zugleich eine Zeitreise in die 1950er und 60er Jahre und bieten einen wunderbaren Vergleich von Einst und Heute.

Karneval wird abhängig von Land, Region auch Fasching, Fastnacht, Fasnacht, Fassenacht, Fasnet, Fastabend, Fastelovend, Fasteleer genannt. Diese Bräuche, die ihren Ursprung in heidnischen Festen haben, wurden später durch das Christentum gezähmt und verändert. Vor der vierzigtägigen Fastenzeit darf noch ausgelassen gefeiert werden, dann beginnt mit dem Aschermittwoch die Vorbereitung auf das Osterfest.

Der Karneval wird sehr unterschiedlich mit Karnevalsumzügen, Musik und Masken begangen, wobei die Verkleidung eine wesentliche Rolle spielt. Es wird zugleich der Wechsel vom kalten Winterhalbjahr in das warme und fruchtbare Sommerhalbjahr gefeiert. So wird der Winter vertrieben, indem man sich als Geister, Kobolde und unheimliche Gestalten aus der Natur verkleidet und mit Holzstöcken wild um sich schlägt oder mit einer Rassel oder Ratsche Lärm macht. Bei einigen Fasnachtsbräuchen symbolisiert es zugleich den Kampf zwischen Licht und Finsternis, zwischen Gut und Böse, zwischen Frühling und Winter.

Robert Häusser hat eindrucksvoll unterschiedliche Fasnachtsbräuche in den 1950er und 60er Jahren am Oberrhein fotografiert. In seinem Basisarchiv findet sich unter der Rubrik „Fastnacht“ bemerkenswerte Aufnahmen von Mannheim, Basel, Villingen (seit 1972 Villingen-Schwenningen), Wolfach und Zell.

Mannheim in den 1950ern

Bereits in seiner ersten Buchpublikation über Mannheim („Ein Fotograf sieht Mannheim“, 1957) geben die Fotografien wunderbare Momentaufnahmen, wie damals Fastnacht gefeiert wurde. So finden wir Aufnahmen mit folgenden Titeln: „Rheinische Kappenbrüder“, „Bei der Garde“, „Im Musensaal des Rosengartens“.

Basel

Die Basler Fasnacht, unter den Einheimischen als die „drey scheenschte Dääg“ (die «drei schönsten Tage») genannt, ist die bedeutendste Fasnacht der Schweiz. Sie beginnt am Montag nach Aschermittwoch um 4 Uhr morgens mit dem sogenannten Morgestraich, dauert exakt 72 Stunden und endet dann am Donnerstagmorgen wiederum um 4 Uhr mit dem Ändstraich (Endstreich). In dieser Zeit wird die Basler Innenstadt von den Fasnächtlern beherrscht, die mit ihren Cliquen (Trommler- und Pfeifer-Gruppen) durch die Straßen, Kneipen und Geschäfte ziehen. Das Werfen von „Räppli“ (Konfetti) ist dabei weit verbreitet.

Die typische schwäbisch-alemannische Fasnet grenzt sich vom rheinischen Karneval und vom Fasching ab, mit denen sie nur wenig Berührungspunkte hat. Charakteristisch für die schwäbisch-alemannische Fasnet ist die Maskerade der Teilnehmer mit Masken (Larven). Sie werden meist aus Holz, in Einzelfällen aber auch aus Stoff, Papier, Ton oder Draht hergestellt. Die Kostümträger, sie heißen in Süddeutschland Hästräger, wechseln ihre Verkleidung (Häs) nicht von Jahr zu Jahr, sondern behalten sie immer bei und vererben sie von Generation zu Generation.

Rottweil

Berühmt ist der sogenannte „Narrensprung“, ein Hüpfschritt der Narren mit einem langen Stab. Vor allem glockentragende Maskenfiguren springen oder hüpfen (mundartlich auch: jucken) oft zu Musik in Form bestimmter Narrenmärsche. Die teilnehmenden Zünfte laufen nach einem vorab festgelegten Aufstellungsplan geordnet nach Figuren in ihren „Häs“ den Umzugsweg ab. Die Zuschauer werden von den Narren mit dem ersten Teil des Narrenrufs der jeweiligen Zunft begrüßt und antworten mit dem zweiten Teil (zum Beispiel Narri - Narro). Neben den Hästrägern nehmen an den Narrensprüngen auch häufig Musikkapellen, Fanfarenzüge, Lumpenkapellen teil. Nach Ende des Umzugs findet in den Straßen und Wirtshäusern häufig ein Narrentreiben statt.

Villingen

Zu den Fastnachtsfiguren der Villinger Fasnet gehört der sogenannte „Wuescht“. Dick mit Stroh ausgestopft ist das abgetragene Narrohäs der Wuescht. In der Hand führen die Wuescht einen Besen, den sie beim Rennen erheben und somit signalisieren, dass die Kinder sie mit Schneebällen und Tannenzapfen bewerfen können. Der Wuescht bietet ihnen willig eine Zielscheibe: Auf dem Rücken trägt er hierzu ein Brett mit einer alten Stoffpuppe, im Dialekt „Lumpendogge“ genannt, oder ähnlichem Unrat. Am Aschermittwoch wird das gestopfte Stroh aus den Hosen genommen und feierlich verbrannt.

Wolfach (schwäbisch alemannischer Raum)

Die Stadt Wolfach im Schwarzwald gilt als eine der traditionsreichsten Hochburgen der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Denn nur in wenigen Orten findet man eine derartige Vielfalt fastnachtlichen Brauchtums. Eine Besonderheit der Fastnacht mit den prächtig farbigen Narrenkostümen ist die Geldbeutelwäsche am Aschermittwoch. Diese startet um 13 Uhr am Mittwoch Mittag. Es gehen zunächst 20 Wäscher durch das Wäschergässle in Wolfach und die Hauptstraße zur Klagemauer vor dem Finanzamt (östlicher Schlossflügel). Dort beweinen sie in stiller Trauer ihre leeren Geldbeutel. Dann geht der Trauermarsch weiter an den Stadtbrunnen, wo die Geldbeutelwäscher ihre Geldbörsen waschen und bürsten, zum Trocknen auf eine Leine hängen und unter Tränen und lautem Wehgeschrei ihr ganzes Leid über das in der Fasnetzeit verprasste Geld beklagen. Danach wird unter dem Geheul der Mitbrüder eine Trauerrede gehalten, bevor die Gemeinschaft der Trauernden mit Löffeln aus einem Topf Stockfisch isst.

Zell

Neben den teilweise recht aufwändigen Umzugswagen sind auch die Zeller Maskengruppen mit ihren Kostümen ein wichtiger Bestandteil der Zeller Fasnacht. Typisch für alle Narren sind die mitgeführten Spaß- oder Brauchtumsgegenstände. Dazu gehört u.a. die Streckschere. Sie ist ein gitterartiger, aus Holz bestehender beweglicher Spaßgegenstand. Sie dient auf vielen närrischen Umzügen zum Schabernack Treiben, zum Ärger vor allem von Hut- und Mützenträgern. Die Streckschere kann im ausgefahrenen Zustand bis zu 6,5 Meter lang sein.

Neugierig geworden?

Weitere Aufnahmen von der Baseler Fasnacht können Sie in der Sonderausstellung Die Welt am Oberrhein entdecken. Diese vereint rund 120 Bilder, die Robert Häusser in den 1960er Jahren entlang des Flusses aufgenommen hat – von Alltagsszenen über Burgen und Schlösser bis zum geschäftigen Treiben im Hafen.

Mehr über Robert Häusser und sein Werk erfahren Sie auf den Seiten des Forums Internationale Photographie.