Elvis in Mannheim
Am 24. Oktober 1958 stieg Elvis Presley spontan in Mannheim auf die Bühne. Diesen besonderen Moment hielt der Fotograf Robert Häusser mit seiner Kamera fest. Das Porträt ist aktuell in der Sonderausstellung „SACHLICH NEU“ zu bewundern. Anlässlich des 90. Geburtstags des „King of Rock 'n' Roll“ widmen wir uns dem Bild und seiner Geschichte.
Elvis Aaron Presley (8. Januar 1935 in Tupelo, Mississippi; † 16. August 1977 in Memphis, Tennessee) ist eine der bahnbrechendsten Figuren in der Musikgeschichte und hat die Popkultur nachhaltig geprägt. Als einer der Pioniere des Rock 'n' Roll brachte er eine bis dahin marginalisierte Musikrichtung, die stark von afroamerikanischen Künstlern beeinflusst war, in den Mainstream.
Songs wie „Hound Dog“, „Jailhouse Rock“, „Heartbreak Hotel“ und „Love me Tender“ wurden weltweite Hits und definierten das neue Genre. Elvis verschmolz verschiedene musikalische Stile, darunter Blues, Country, Gospel und Rhythm and Blues. Damit schuf er eine Brücke zwischen afroamerikanischer und weißer Musik und leistete einen Beitrag zur kulturellen Integration in einer Zeit gesellschaftlicher Spannungen, geprägt von Rassentrennung zwischen der weißen und schwarzen Bevölkerung.
Mit seinem Stil, seiner provozierenden Bewegungsfreiheit und seiner rebellischen Ausstrahlung verkörperte Elvis die neue Jugendkultur der 1950er Jahre. Sein Charisma und sein als obszön empfundener aufreizender Hüftschwung – der ihm den Namen „Elvis the Pelvis“ eintrug – machten ihn zum Idol und Rebell der Nachkriegszeit.
Elvis war einer der ersten globalen Musikstars. Seine Popularität überschritt kulturelle und sprachliche Grenzen und beeinflusste Künstler auf der ganzen Welt, darunter spätere Ikonen wie die Beatles, die Rolling Stones und Led Zeppelin.
Wegbereiter des modernen Entertainments und sein Vermächtnis
Mit seinen Live-Auftritten, TV-Shows und Filmen setzte Elvis neue Maßstäbe für Musiker. Seine Konzerte – insbesondere die legendären Shows in Las Vegas – waren wegweisend für die Inszenierung moderner Musik-Events, einschließlich der großartigen Hawaii-Show 1973. Es war das erste via Satellit in über 40 Länder der Erde übertragene Konzert eines Solo-Künstlers.
Neben Rock 'n' Roll war Elvis auch stark vom Gospel inspiriert. Viele Fans fühlten eine tiefe emotionale Verbindung zu seiner Musik, die oft Themen wie Liebe, Verlust und Hoffnung behandelte.
Auch nach seinem Tod im Jahr 1977 bleibt Elvis ein kulturelles Phänomen. Graceland, sein Anwesen in Memphis, ist eine Pilgerstätte für Fans und sein Einfluss ist in der Popkultur weiterhin spürbar. Cover-Versionen seiner Songs, Filme und Biografien halten sein Erbe lebendig.
Elvis Presley veränderte die Musik- und Popkultur unwiderruflich und bleibt eine Ikone, die Generationen inspiriert. Seine Bedeutung liegt nicht nur in seiner Musik, sondern auch in seiner Rolle als kulturelle Figur, die Grenzen überschritt und Menschen zusammenbrachte.
Bill Haley und Elvis Presley – Treffen der Rock 'n' Roll-Legenden in Mannheim
1958 trafen in Mannheim zwei absolute Rock 'n' Roll-Legenden aufeinander: Bill Haley und Elvis Presley.
Bill Haley entwickelte mit seiner Band einen ganz eigenen Stil. Am 12. April 1954 wurde ihre Single „Rock Around The Clock“ aufgenommen und gilt als ein Meilenstein der Musik-Geschichte. Es folgten Songs wie „Shake, Rattle & Roll“, „Rock This Joint“ und „See You Later, Alligator“. Die Plattenverkäufe gingen durch die Decke. Die Mischung aus Country und Western mit Rhythm and Blues war eine komplett neue Musikrichtung, die bald schon ihren Namen „Rock 'n' Roll“ bekam.
Bill Haleys Musik traf den Nerv einer rebellierenden Jugend. Seine Konzerte arteten in Saalschlachten aus. Bei seiner ersten Europatournee 1958 kam es in Essen und Hamburg zu schweren Ausschreitungen. Im Berliner Sportpalast fiel die Bilanz folgendermaßen aus: verwüstete Zuschauerränge, ein zerhackter Konzertflügel, ein Sachschaden von etwa 50.000 DM, 50 Verletzte sowie polizeiliche Festnahmen.
So war es ein Wagnis und zugleich ein Glückstreffer, als die Mannheimer Konzertagentur von Heinz Hoffmeister Bill Haley mit seiner Band einluden, obwohl einige Printmedien nach den Tumulten in Berlin von einem Sittenverfall moralischer Werte und von amerikanischer Unkultur schrieben. Heinz Hoffmeister schloss vorsichtshalber eine Versicherung im Falle von Sachschäden in Höhe von 30.000 DM ab.
Das Konzert fand am 24. Oktober 1958 im Universum-Theater in N7 mit knapp 1.100 Zuschauern statt. Bill Haley und sein „Kometen“-Saxophonist Rudy Pompilli heizten begleitet vom brillanten und für die deutsche Jazz-Szene wegweisenden Kurt Edelhagen-Orchester dem Mannheimer Publikum ein. Unter den Besuchern befand sich auch der damals 23-jährige Elvis Presley, der drei Wochen zuvor als GI im hessischen Friedberg seinen Wehrdienst angetreten hatte. An diesem Abend suchte er Unterhaltung und kam zu einem Blitzbesuch nach Mannheim.
Zu diesem Zeitpunkt war Elvis bereits Platten-Millionär und hatte seinerseits Musikgeschichte geschrieben. Haley und Presley trafen sich bereits 1955 und sie kamen sich während einer zweiwöchigen Tour freundschaftlich näher. Haley war bereits zehn Jahr im Geschäft, Presley stand noch am Anfang seiner Karriere. Es war Haley, nach Aussagen in einem Interview mit Ken Kerry, der dem neuen Shooting-Star riet, er solle sich weniger auf Balladen stützen und viel mehr auf sein „natürliches Rhythmusgefühl“ vertrauen.
Spontane Jam-Session in N7
Als der Vorhang im Mannheimer Kinosaal in N7 fiel und die meisten jungen Zuschauer nach Hause gegangen waren, ging Elvis göttergleich wie ein Orpheus auf die Bühne und fing zu improvisieren an. Es muss für die noch Dagebliebenen ein magischer Augenblick und zugleich eine Sternstunde des Rock 'n' Roll gewesen sein, als Elvis auf der Gitarre und am Klavier musikalisch von Haley‘s Comets begleitet einige Songs aus seinem Repertoire zelebrierte.
Diese Jam-Session, ein zwangloses Zusammenspiel von Musikern, die üblicherweise nicht in einer Band zusammenspielen oder -singen, ist insofern einzigartig, weil Elvis das von seinem Management angeordnete Auftrittsverbot missachtete. Während der Zeit seines Dienstes in der US-Army war ihm jedes öffentliche Auftreten untersagt. Eine weitere Besonderheit dieser spontanen Musikveranstaltung war, dass er niemals in Europa aufgetreten ist. Vielmehr beschränkten sich Elvis‘ Auftritte auf Kanada und die USA.
Fotografie zur rechten Zeit am rechten Ort
An diesem Abend befand sich der Pressefotograf Günther Thomas (1921-2015), dessen Bildarchiv heute im MARCHIVUM Mannheim verwahrt ist, unter den letzten Gästen. Er ergriff die Gelegenheit und machte Schnappschüsse von Elvis beim Händeschütteln mit Bill Haley sowie Elvis am Klavier posierend mit Seitenlicht schön ausgeleuchtet.
Aber auch Robert Häusser befand sich unter den Gästen. Mit seiner Rolleiflex, einer zweiäugigen Spiegelreflexkamera, die aufgrund ihrer Handlichkeit gerne für Bildjournalismus verwendet wurde, fotografierte er ebenfalls Elvis am Klavier sitzend – allerdings in Vorderansicht und ohne Ausleuchtung, nur mit dem vorhandenen, fahlen und von oben herabfallenden Licht.
Im Gegensatz zum perfekt ausgeleuchteten Elvis bei Günther Thomas wirkt Häussers Foto dunkel und geheimnisvoll. Es offenbart sich hier ein ganz anderer Elvis. Nicht der Showman mit einem breiten Lachen, sondern ein in sich versunkener, ja nachdenklicher Elvis, dessen Gesichtszüge zu einer Maske, wenn nicht Totenmaske erstarren. Die Zeit scheint eingefroren, das junge Gesicht wirkt zeitlos und die Umrisse des Kopfes erinnern andeutungsweise an einen Totenkopf. Es scheint, als ob sich die existentielle Grundbefindlichkeit Häussers mit einem melancholischen Schleier auf das Gesicht von Elvis gelegt hat. Da die Augen kaum sichtbar sind, nur ein weißes Aufscheinen im linken Auge, wirkt das Bild irgendwie düster.
Lange galt das Negativ zu diesem Porträt als verschollen. Selbst Häusser vermerkte in seinem Buch mit den vielen nummerierten Kontaktabzügen unter der Rubrik „Persönlichkeiten“ „Negativ fehlt!“. Ein Negativ aus dem Pool von über 60.000 Negativen herauszufischen, ist wie das Suchen einer Stecknadel im Heuhaufen. Mit viel Glück und Ausdauer konnte Häussers Tochter Ina das verschollene Negativ jedoch aufspüren und somit das einzigartige Zeitdokument der Vergessenheit entreißen.
Aktuell ist das eindrucksvolle Porträt in der Sonderausstellung „SACHLICH NEU“ zu sehen. Hier treten ausgewählte Werke von Robert Häusser in einen spannenden Dialog mit Foto-Ikonen aus den 1920/30er Jahren von August Sander und Albert Renger-Patzsch.
Neugierig geworden?
Mit der Sonderausstellung „SACHLICH NEU“ feiern wir zwei große Jubiläen: „100 Jahre Neue Sachlichkeit“ und den 100. Geburtstag von Robert Häusser. Erstmals kommt es zum Gipfeltreffen der Ausnahmefotografen August Sander, Albert Renger-Patzsch und Robert Häusser. Die Schau ist noch bis 27. April 2025 zu sehen.
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Mehr über Robert Häusser und sein Werk erfahren Sie auf den Seiten des Forums Internationale Photographie.