Ahnen kehren zurück nach Neuseeland

Drei mumifizierte menschliche Māori-Köpfe aus den Reiss-Engelhorn-Museen kehren zurück nach Neuseeland. Eine Māori-Delegation sowie Vertreter des neuseeländischen Nationalmuseums Te Papa Tongarewa nahmen die Ahnenköpfe am 26. Mai im Rahmen einer feierlichen und bewegenden Zeremonie entgegen. Wir freuen uns über die Repatriierung, denn gemäß den Glaubensvorstellungen der Māori sind die sterblichen Überreste der Ahnen spirituell eng mit ihrer Heimat verbunden. Durch ihre Rückkehr erhalten die Verstorbenen, deren Köpfe lange als reines Handelsobjekt gesehen wurde, ihre Würde zurück.

Es handelt sich um drei Köpfe von erwachsenen Männern, die viele Jahre in unserer Sammlung Weltkulturen verwahrt wurden. Sie weisen Gesichtstätowierungen auf, wie sie bei den Māori einer langen Tradition entsprechen. Die spiralförmigen Ornamente sowie strahlen- und schlangenförmigen Linien geben Auskunft über die Herkunft und Stellung der Verstorbenen. In der indigenen Sprache der Māori werden solche Köpfe als toi moko bezeichnet. Sie wurden durch aufwendige Räucherungsprozesse mumifiziert und dienten der Ahnenverehrung geschätzter Familienangehöriger und Stammesführer. Die Köpfe konnten aber auch Trophäen getöteter Feinde sein. In jedem Fall spielten sie eine wichtige Rolle in der spirituellen Welt der Māori.

1769 landete Kapitän James Cook in Neuseeland. In den folgenden Jahren wuchs in Europa das Interesse an den tätowierten Mumienköpfen der Māori, die teilweise gestohlen oder bei gewalttätigen Auseinandersetzungen erbeutet wurden. Die toi moko wurden im 18. und 19. Jahrhundert zur begehrten Handelsware. Zwei der in den Reiss-Engelhorn-Museen verwahrten Köpfe gelangten wahrscheinlich auf diesem Wege und über verschiedene Stationen nach Mannheim. Bei dem dritten Kopf legen Recherchen nahe, dass es sich um die Überreste eines Stammesführers handelt, der als Reisender nach Europa kam und hier starb. Sein Kopf wurde deswegen auch nicht auf die traditionelle Weise, sondern wohl von einem Tierpräparator in Europa mumifiziert.

Rückführung nach Neuseeland

Den Antrag auf Repatriierung der drei toi moko hat das Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa in Wellington an die Stadt Mannheim als Träger der Reiss-Engelhorn-Museen gestellt, nachdem die rem zuvor Kontakt aufgenommen hatten. Der Gemeinderat hat der Rückgabe Ende April zugestimmt.

Die Bemühungen Neuseelands um Rückführung menschlicher Überreste reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Seit 2003 ist am neuseeländischen Nationalmuseum das Karanga Aotearoa Repatriation Programm (KARP) beheimatet. Dieses ist von der neuseeländischen Regierung sowie den Māori- und Moriori-Gemeinschaften beauftragt, Kontakt mit Museen und Sammlungen in Europa aufzunehmen, um die sterblichen Überreste der Vorfahren zurück in ihre Heimat zu holen. Nach den Glaubensvorstellungen ist mit ihrer Rückkehr der Gedanke verbunden, dass die Verstorbenen und ihre Nachfahren ihre Würde zurückerhalten. Die übereigneten Überreste gehen juristisch nicht in das Eigentum von Te Papa Tongarewa über. Sie befinden sich lediglich in dessen Obhut, bis eine endgültige Lösung gefunden ist. Ziel ist die Rückführung an ihren Herkunftsort.

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Mehr über die Bedeutung der toi moko und die Herkunft der drei in den Reiss-Engelhorn-Museen verwahrten Ahnenköpfe erfahren Sie hier.

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