Forschungsstelle Steinzeit / Eiszeit

Forschungsprojekt der Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen

Seit dem Jahr 2003 leitet die Archäologin Dr. Gaëlle Rosendahl als wissenschaftliche Kuratorin die Forschungsstelle Steinzeit am Curt-Engelhorn-Zentrum. Thematische Forschungsschwerpunkte sind Mensch und Kultur der Alt- und Mittelsteinzeit sowie die Inventarisierung und Neuordnung der umfangreichen Sammlungsbestände an den Reiss-Engelhorn-Museen.

Die Bekanntmachung einzigartiger Sammlungsbestände über wissenschaftliche und populäre Publikationen sowie unterschiedliche Ausstellungsprojekte sind dabei von höchster Bedeutung. Zu den vielfältigen Arbeiten und Projekten bestehen zahlreiche Kooperationen mit Museen und Forschungsinstituten im In- und Ausland. Derzeitiger Arbeitsschwerpunkt ist das Alltagsleben des Menschen während der letzten Eiszeit mit dem Projekt „Eiszeit-Safari“.

Maurer Artefakte

Zu den hervorragenden Zeugnissen der regionalen Urgeschichte gehören zweifelsohne die in den Sammlungsbeständen der Reiss-Engelhorn-Museen verwahrten Hornsteinartefakte aus der Fundstelle des Homo heidelbergensis von Mauer.

Sie bekannt zu machen und in der Kultur dieser Zeit einzubinden ist das Anliegen der Forschungsstelle. In diesem Zusammenhang wurden wichtige Kontakte zu Fachleuten aufgenommen, unter anderem zu Prof. Dr. Lutz Fiedler, Experte für die ältere Altsteinzeit.

Der älteste Bogen der Welt?

Bei geologischen Untersuchungen in Mannheim-Vogelstang ist ein Fragment aus Kiefernholz entdeckt worden – der vermutlich älteste Bogen der Welt. Es stammt aus dem frühen Magdalénien (vor etwa 17.600 Jahren) und zeigt Spuren der Veränderung, die möglicherweise auf einen Bogen hinweisen. Dass eine Seite des Fragments eine geglättete Oberfläche, gegenüber einer unveränderten zeigt, sowie die Korrektur einer Abweichung an einer Seite und eine Kerbe, in der eine Schnur hätte befestigt sein können, bestätigen die Vermutung, dass es sich um einen Bogen handeln könnte, auch wenn das untere Ende so stark beschädigt ist, dass sich keine Spuren der Bearbeitung oder des Brechens erhalten haben. Eine Rekonstruktion des Stücks zeigt, dass der Bogen nicht länger gewesen sein kann als etwa 110 cm. Das scheint klein, ist aber eine Größe, die für einige ethnische Gruppen dokumentiert ist – auch bei Bögen für Kinder. Seine Leistung beträgt etwa 25 – 30 englische Pfund.

Zur zeitlichen Einordnung lässt sich sagen, dass die ältesten direkten Spuren des Gebrauchs von Bögen die Bögen von Stellmoor (12680 - 11590 cal BP) und von Holmegard (8000 cal BP) sind. Die Verwendung des Bogens schon im frühen Jungpaläolithikum wird schon seit langem postuliert.

Die Untersuchung, aber vor allem die Fachdiskussion um den Fund aus Vogelstang bildet einen wichtigen Schwerpunkt innerhalb der Forschungsstelle „Steinzeit“. Der älteste Bogen wurde auf der Fachtagung über Bogen und Speerschleuder im April 2004 in Ramioul (Belgien), auf der WSVA-Tagung in Xanten im Juni 2006 sowie auf der Tagung Holzkultur 2006 in Oldenburg der Fachwelt präsentiert. Experimentalarchäologische Untersuchungen wurden von Rudolf Walter M.A., die Holzuntersuchungen wurden von Werner Schoch (Labor für Quartäre Hölzer, Langnau, Schweiz) durchgeführt. Jürgen Junkmanns (Köln) und Christian Schürmann (Oerlinghausen) haben den Fund begutachtet.

Paläolithische Kunstwerke – Die älteste „Kunst“ des Menschen

In den Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen befinden sich paläolithische Kunstwerke von herausragender Qualität. Es handelt sich um eine Sammlung altsteinzeitlicher Knochen-Gravuren, - Reliefs und -Plastiken aus der Dordogne (Umgebung von Les Eyzies). Sie zeigen auf einmalige Art und Weise figürliche Darstellungen wie Menschen und Tiere und nicht-figürliche Abbildungen, wie Zeichen, oder einem vermuteten Grundriss einer Höhle mit Umgebung. Ein Fund, auf dem ein Rentier dargestellt ist, belegt erstmals die Darstellung von Perspektive. Die Forschungsstelle „Steinzeit“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Funde zu untersuchen und sowohl der Fachwelt als auch der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Eine Auswahl der paläolithischen Kunstwerke wurde auf der Tagung „Spiritualität“ in Lüttich (Belgien) einem internationalen Fachpublikum präsentiert.

Publikationen

Alt- und Mittelsteinzeit

Rosendahl, G. & Rosendahl W. (2007): Von Wanderern, Jägern und Sammlern – zur Alt- und Mittelsteinzeit in der mittleren Kurpfalz. In: Probst, H.-J. (Hrsg.): Mannheim vor der Stadtgründung. Teil I Band 1: Der Naturraum Rhein-Neckar. Ur- und Frühgeschichte bis zur Spätantike. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, 78 – 105.

Maurer Artefakte

Fiedler, L.; Rosendahl, G. (2007): Die Artefakte und die Kultur des Menschen von Mauer. In: Liebig, V.; Rosendahl, W. (Hrsg.): Spuren im Sand. Der Urmensch und die Sande von mauer. Kulturgestein 3, Stuttgart, 36 – 41.

Fiedler, L.; Rosendahl, G. (2007):Urmenschliche Kultur in Europa.In: Hansch, W.; Rosendahl, W. (Hrsg.): Der erste Mensch in Mitteleuropa. 600.000 Jahre Zeitgeschichte am Neckar. Museo, Heilbronn.

Der älteste Bogen der Welt

Rosendahl, G.; Beinhauer, K.-W.; Löscher, M.; Kreipl, K.; Walter, R.; Rosendahl, W. (2006): Le plus vieil arc du monde? Une pièce intéressante en provenance de Mannheim, Allemagne. L’Anthropologie 110, 317 – 382.

Walter, R.; Rosendahl, W.; Rosendahl, G. (2006): Experimente zur Verwendung des „Mannheimer Bogens“ als Schießbogen. Experimentelle Archäologie in Europa, Bilanz 2005, 7 – 33

Paläolithische Kunstwerke

Rosendahl, G.; Rosendahl, W. (2004): Art mobilier du Paléolithique supérieur dans les collections des Reiss-Engelhorn-Museen de Mannheim (Allemagne) : Un aperçu. In : Otte, M. (dir.) : La Spiritualité.- Actes du Colloque de la commission 8 de l’UISPP (Paléolithique supérieur) ; Liège, 10-12 Décembre 2003, ERAUL 106, 153 – 161.

Rosendahl, G. (2006): Les couches supérieures de La Micoque (Dordogne). Paléo 18, 161 – 192.

Kontakt

Forschungsstelle Steinzeit / Eiszeit

Dr. Gaëlle Rosendahl,
wissenschaftliche Kuratorin

Tel 0621 – 293 31 83

gaelle.rosendahl@​mannheim.de