Kunst- und Kulturgeschichtliche Sammlungen

Die Kunst- und Kulturgeschichtlichen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen lassen sich als ein Spiegel der kunst- und kulturgeschichtlichen Entwicklung über vier Jahrhunderte, aber auch der wechselvollen Geschichte der Stadt Mannheim von ihrer Gründung im Jahre 1607 bis zur aktuellen Gegenwart charakterisieren.

Die Polarität der Konfessionen wird in den religiösen Ausdrucksformen der Kunst manifest. Kunst- und Kulturgeschichtlicher Bestand belegen mit hochrangigen Exponaten die große kurfürstliche Glanzzeit des 18. Jahrhunderts bis hin zu dem von bürgerlichem Interesse getragenen Engagement des 19. Jahrhunderts. Fürstliches und bürgerliches Interesse dokumentieren auch die umfassenden Sammlungen Theater- und Musikgeschichte sowie die Antikensammlung. 

1731 lässt Kurfürst Carl Philipp (1661 – 1742) Gemälde und Kunstgegenstände aus seiner Düsseldorfer Sammlung ins Mannheimer Schloss bringen. Unter Carl Theodor (1724 – 1799) wird die Kunstsammlung so erweitert, dass Mannheim zum europäischen Zentrum der Kunst und Kultur avanciert. 1794 aber droht mit der Überführung eines Großteils des kurfürstlichen Sammlungsbestandes nach München der Stadt der Verlust ihrer exponierten kulturellen Stellung in Europa.

Heute warten die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen, die ihren Ursprung in den kurfürstlichen Sammlungen haben dennoch mit herausragenden Exponaten auf. Das ist zunächst dem Engagement des Großherzogs Friedrich Karl von Baden (1728 – 1811) zu verdanken. Durch Gemälde- und Grafikankäufe 1803 und 1810 versuchte er, die Lücken zu schließen.

Am Beginn des 20. Jahrhunderts steht die Erweiterung des Bestandes mit einer umfassenden Sammlung Frankenthaler Porzellan, begleitet vom Erwerb einer Gläsersammlung. 1922 werden die Sammlungen in städtischen Besitz überführt. 1936 eröffnet das Theatermuseum, Basis der heutigen theatergeschichtlichen Sammlungen. Mit der 1999 von Traudel Engelhorn-Vechiatto und Curt Engelhorn gestifteten Sammlung historischer Kostüme wird der Grundstein des Sammlungsbereiches historischer Kleidung gelegt.

Mit den Beständen der Gemälde- und Grafik- sowie der Skulpturensammlung, der Porzellan- und Möbelsammlung sowie der historischen Kleidung und schließlich der Bereiche Kunsthandwerk, Theater- und Stadtgeschichte bilden die Reiss-Engelhorn-Museen eine Quelle kunst- und kulturgeschichtlicher Dokumente zur Erschließung der Lebenswelten zwischen europäischem Barock des 18. Jahrhunderts, bürgerlicher Kultur des 19. Jahrhunderts und der stadtgeschichtlichen Entwicklung bis in die aktuelle Gegenwart.

Gemäldesammlung

Die Gemäldesammlung der Reiss-Engelhorn-Museen umfasst über 600 Werke. Sie vereint niederländische und flämische Gemälde des 17. Jahrhunderts, kurpfälzische Malerei des 18. Jahrhunderts und Arbeiten badischer Künstler des 19. Jahrhunderts. Die Werke werden der Öffentlichkeit in wechselnden Themenausstellungen vorgestellt.

Porträts

Repräsentative Bildnisse der Kurfürsten, Aristokraten und Hofkünstlern vergegenwärtigen die Welt des barocken Kurfürstenhofes in Mannheim. Das Genre des 17. Jahrhunderts ermöglicht den Blick in eine bäuerliche Lebenswelt ebenso wie in ein aufwendiges bürgerliches Leben.

Landschaftsmalerei

Bewegte Landschaften dienen im 17. und 18. Jahrhundert als dramatische Kulisse für den Menschen. Andere Ansichten schildern arkadisches Idyll oder werfen einen nostalgischen Blick auf antike Ruinen. Ein neues Verständnis von der Natur vergegenwärtigt das 19. Jahrhundert.

Stillleben

Mit artistisch detailgenauen Darstellungen von Blumengebinden und Früchten, von kostbaren Geschirren und Tuchen verblüfft das Stillleben des 17. Jahrhunderts. Ihr Prunk zielt auch auf eine allegorisch besinnliche Botschaft.

Mariendarstellungen

Die Mariendarstellung des 17. und 18. Jahrhunderts dient nicht nur der Andacht. Sie will auch die Vermittlung einer lebendigen Eltern-Kind-Beziehung sowie der Anmut der Gottesmutter und des Jesusknaben. 

Skulpturensammlung

Von höchstem gestalterischem Anspruch zeugt eine überschaubare Anzahl von Skulpturen. Das Spektrum reicht von der Romanik bis in das 19. Jahrhundert. Die Gotik und der Barock mit exquisiten Meisterwerken bilden dabei den Schwerpunkt.

Ruhe und Würde kennzeichnet die Beispiele der romanischen Skulptur aus dem 12. Jahrhundert. In der Gotik erfährt die Schnitzkunst dann eine Veränderung hin zur Individualisierung der Züge der Gottesmutter aber auch der Gesichter der Heiligen des 15. Jahrhunderts. Sie orientiert sich an Porträts aus der Lebenswelt des Künstlers und zielt auf eine naturalistische Imitation der Ausstattungsdetails. Mit weit ausholenden Gesten demonstriert die barocke Skulptur des 17. und 18. Jahrhunderts Bewegung und behauptet sich mit theatraler Geste  im Raum. Der Betrachter soll sich mit den Gefühlen des Dargestellten identifiziert. Zugleich soll ihn die Verwandlung des bildhauerischen Materials, Stein, Marmor oder Holz in die lebendige Figur mit den textilen Materialien ihrer Gewandung in Erstaunen versetzen.

Grafiksammlung

Die circa 16.000 Blatt umfassenden Bestände der Grafiksammlung setzen sich aus den im 19. Jahrhundert zusammen getragenen Sammlungen des Mannheimer Altertumsvereins sowie aus Stiftungen von Mannheimer Bürgern zusammen. Hinzu kommen Erwerbungen der Stadt Mannheim und Dauerleihgaben des Landes Baden-Württemberg.

Mannheims barocke Glanzzeit

In die barocke Glanzzeit Mannheims führen die Zeichnungen des Hofbildhauers Paul Egell (1690 – 1752) und der Bauhütte des Mannheimer Schlosses. Auch die Beispiele der Mannheimer Zeichnungsakademie, die auf den Kurfürsten Carl Theodor (1724 – 1799) zurückführt, zeugen von ihr.

Malerfamilie Kobell im 18. Jahrhundert

Herausragende Persönlichkeiten sind die Mitglieder der Malerfamilie Kobell. Ferdinand (1740-1799) und sein Bruder Franz  (1749 – 1822) bilden die erste Generation. Ferdinands Sohn Wilhelm (1766-1853) zählt heute zu den bis in die Moderne richtungweisenden Erneuerern der Landschaftsmalerei.

Sehnsucht nach Italien im 19. Jahrhundert

Von der Sehnsucht nach Italien ist das Werkschaffen der Künstler des 19. Jahrhunderts geprägt. Fast alle der Vertreter der deutschen Romantik haben auf ausgedehnten Reisen durch Italien in zahlreichen Studienblätter und Skizzenbücher die Landschaften und Städte sowie die Menschen und ihre Gebräuche festgehalten.

Porzellan

Mit rund eintausend Porzellanen zählt der Bestand der Reiss-Engelhorn-Museen mit zu den weltweit größten Sammlungen Frankenthaler Porzellans. Neben kostbaren Geschirren spiegeln vor allem die bewegten Figuren die Lebenswelt des 18. Jahrhunderts. Die Bemalung der Service, die nicht nur  für große Gesellschaften, sondern auch als Solitaire für nur eine Person entstanden, besticht durch Erfindungsreichtum des Dekors. Sie greift aber auch Szenen von bedeutenden Kunstwerken der Zeit auf. Die Figuren vergegenwärtigen nicht allein aristokratische Lebensformen, sondern schildern durchaus auch die einfachen Menschen mit ihren alltäglichen Arbeiten. In deutlicher Analogie zu Theater und Oper führt die Figuration in die Welt der antiken Mythologie aber auch in exotische ferne Welten.

Um 1300 brachte Marco Polo (1254 – 1324) Porzellan aus China nach Europa. Lange konnte das Geheimnis der Herstellung nicht entschlüsselt werden. 1706 gelang Johann Friedrich Böttger (1682 – 1719) und Ehrenfried Walther von Tschirnhausen (1651 – 1708) die Herstellung. In Meißen entstand die erste Manufaktur. Ihr folgte 1746 eine Gründung in Hoechst und 1747 in Nymphenburg.

In Frankenthal begann der aus Straßburg stammende Fayencenfabrikant Paul Anton Hannong 1755 mit der erfolgreichen Produktion von Porzellan. 1762 wurde die Manufaktur von Kurfürst Carl Theodor (1724 – 1799) übernommen. Schon im 18. Jahrhundert begründete sich das Renommee der Frankenthaler aus dem Erfindungsreichtum seiner Figuration.

Möbelsammlung

Zum Schutz der Besitztümer und zur Sicherung des Vermögens, zu repräsentativ dekorativer Wohnausstattung von Aristokratie und wohlhabendem Bürgertum, zur Erledigung und sicheren Verwahrung von Korrespondenz und Dokumenten und letztlich auch zur Bequemlichkeit seines Besitzers – Vielfältig ist die funktionale Bestimmung von Möbeln, seien sie in schlichten Formen aus einfachen Materialien gezimmert oder aus kostbaren Hölzern in handwerklich aufwendige Formen gebracht.

Der umfassende Möbelbestand der kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen dokumentiert nicht nur die vielfältigen Funktionen von Möbeln. Repräsentative Stücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert belegen die hohe handwerkliche Kunst italienischer, österreichischer, böhmischer sowie deutscher Kunstschreiner wie Abraham Roentgen (1711 – 1793) oder Schreiner der Mainzer und Braunschweiger Werkstätten. Die üppige Formensprache des Barock wird begleitet von dekorativem Flächenschmuck aus kostbaren Furnieren, Intarsien, Marqueterien und Beschlägen. Eine zunehmende Schlichtheit von Form und Dekor bestimmt den Übergang vom 18. in das 19. Jahrhundert, das im Wechsel zum 20. Jahrhundert mit den Elementen des Jugendstils ausklingt. 

Kunsthandwerk

Sammelrausch – unter diesem thematischen Aspekt vereinen die Kunst- und Kulturgeschichtlichen Sammlung des Museums Zeughaus einen umfassenden Bestand an  kunsthandwerklichen Exponaten vom 17. bis ins 19. und beginnende 20. Jahrhundert.

Mit den Kabinetten des 16. und 17. Jahrhunderts verbindet sich der Begriff des Sammelns nicht allein in der Absicht, exaltierte Kuriosa zur Präsentation zu bringen, sondern viel mehr noch um kostbare Artefakte aber auch Naturalien unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu ordnen. Dem Repräsentationsbedürfnis seiner Besitzer werden wertvolle Geschirre und Bestecke aus Gold und Silber über Jahrhunderte hinweg gerecht. Mit Münzen werden nicht nur durch das Material, sondern vor allem mit den Gedenkinschriften besondere Ereignisse „veredelt“. Becher aus Glas und Porzellan sind vielfach als Erinnerungsstücke in private Sammlungen integriert. In der kunstvollen Dekoration von Uhren spiegelt sich in allegorischer Absicht nicht nur das Phänomen der Vergänglichkeit, sondern ebenso das von der Kostbarkeit der Zeit. Das Sammeln von liebgewonnen Kleinigkeiten ohne materiellen Wert aber auch Reiseerinnerungen aus fernen Regionen erfasst mehr und mehr alle gesellschaftlichen Schichten, vom Aristokraten über den vermögenden Bürger bis hin zum einfachen Mann.