Speisen wie die Queen

Am 19. November wird in Deutschland der „Tag der Suppe" gefeiert. Besonders edel wird sie in einer kostbaren Terrine serviert. Dank einer Schenkung gehört ein außergewöhnliches Exemplar zu den rem-Sammlungen: die weltweit älteste bekannte Suppenterrine der renommierten Manufaktur Wedgwood. Mit Geschick und Verkaufstalent stieg Josiah Wedgwood im 18. Jahrhundert zum Hoflieferanten der Queen auf.

In New York im Metropolitan Museum of Art wurde 1964 eine Ausstellung mit dem Titel „Creamware for Cottage and Castle“ gezeigt. Ein zentrales Stück dieser Präsentation war eine Suppenterrine mit Henkeln und Deckel, die um 1780 datiert werden kann. Die ovale Form der Terrine mit ananasförmigem Knauf und in Blüten auslaufenden Henkeln ist bereits im ersten Verkaufskatalog der mittelenglischen Manufaktur Wedgwood von 1774 nachweisbar. Diese Terrine stammt aus dem Wedgwood-Museum Barlastone in England und gelangte als Stiftung 1964 an das Metropolitan Museum. Bis dato galt sie als die älteste erhaltene bekannte Wedgwood-Terrine der Welt.

Weltweit älteste bekannte Wedgwood-Terrine

Dies sollte sich 2018 ändern: Denn in diesem Jahr übergab der Wahl-Mannheimer François de Poorter den Reiss-Engelhorn-Museen seine Sammlung kostbaren Steinguts. In ihr befindet sich eine große Suppenterrine, die der Form nach der im Metropolitan Museum äußerst ähnlich ist. Sie ist allerdings mit der gebogten Marke „Wedgwood“ versehen, mit der bereits um 1763-1765 gemarkt wurde. Außerdem befindet sich auf der Unterseite des Gefäßes ein grünes „R“ - die Signatur des bekannten Malers David Rhodes (gest. 1777), der die formschönen Wedgwood-Geschirre in den Jahren 1765 bis 1768 bemalte. Aus Marke und Signatur ergibt sich daher, dass diese Terrine bereits um 1765-1768 zu datieren ist. Damit können nun die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen für sich den Superlativ beanspruchen, die weltweit älteste bekannte Wedgwood-Terrine zu besitzen.

Josiah Wedgwood und sein Erfolgsrezept

Josiah Wedgwood (1730-1795) hatte bereits als Kind im elterlichen Betrieb das Töpferhandwerk erlernt. Durch eine Pockenerkrankung in seiner Jugend konnte er Töpferscheiben mit Fußbetrieb jedoch nur mehr schwer bedienen. Daher konzentrierte sich Wedgwood rasch darauf, die Stücke zu entwerfen und von anderen Keramikern ausführen zu lassen. Die Dekoration wurde von begabten Malern nach Musterbüchern angebracht. So kam es zu arbeitsteiligen Herstellungsprozessen.

Außerdem wurde wie auf dem europäischen Festland daran gearbeitet, das Geheimnis der Porzellanproduktion zu knacken. Das Ergebnis Josiah Wedgwoods war die sogenannte „Cream ware“. Dabei handelte es sich um ein Gemisch aus kaolinhaltigem Ton, Quarz und Feldspat, das bei circa 970-1300° Celsius gebrannt wurde und daher nicht versinterte, also um Steingut. Um wasserundurchlässig zu werden, mussten die Stücke mit einer milchigen Zinnglasur versehen werden. Nach dem Brennen wirkten die Stücke cremefarben, was ihnen den Namen „Cream ware“ einbrachte. Das dünnwandige stabile Steingut erweckte von Ferne den Anschein, Porzellan zu sein. Bald gab es Verkaufskataloge, nach denen die Ware bestellt werden konnte.

Passend zu den früh-merkantilistischen Produktionsformen kümmerte sich Wedgwood auch um die Vermarktungswege. Als schließlich 1777 auf Initiative Josiah Wedgwoods ein Kanal zwischen Trent und Mersey fertiggestellt worden war, bestand eine direkte Verbindung zum Londoner Markt. Für den Verkauf des Steinguts wurde ein Laden an der Ecke Great Newport Street und Saint Martin‘s Lane nahe der Themse in London eröffnet.

Hoflieferant der Queen

Nicht minder entscheidend für den Absatz und Erfolg der Wedgwood-Ware war aber auch, dass Josiah Wedgwood mit seinen Stücken die Queen belieferte. Das hatte ihm zunächst den Titel eines Hoflieferanten („potter to her majesty“) eingebracht. 1765 bestellte Königin Charlotte (1744-1818) bei Josiah Wedgwood ein Tee- und dann noch ein umfangreiches Speiseservice aus „Cream ware“. Seit dieser Bestellung durch die Königin durfte diese Ware in „Queens ware“ umbenannt werden, wodurch der Absatz des Steinguts noch einmal eine Steigerung erfuhr.

Wedgwoods „Queens ware“ wurde auf Bestellung Katharinas der Großen (1729-1796) sogar bis an den Zarenhof nach St. Petersburg geliefert – es handelte sich um das weltberühmte Service mit dem grünem Frosch von 1774 mit weit über 900 Teilen. Nicht die blau-weiße „Jasper ware“, sondern die „Queens ware“ hatte Wedgwood zum Durchbruch verholfen. Die den Geschmack bestimmende „Queens ware“ war auf dem europäischen Festland in verschiedenen Manufakturen Vorlage: so etwa in den höfischen Porzellanfabriken Meißen und Frankenthal oder der Steingutfabrik des Hauses Baden in Zell am Harmersbach im Schwarzwald.

Sammlung „François de Poorter“

In der Sammlung „François de Poorter“ befinden sich mehrere große und elegante Terrinen, Teller, Saucièren, Kännchen und Krüge der Manufaktur Wedgwood, so dass ein hervorragender Überblick über die Formen und Musterbuchdekore der „Cream ware“ gegeben ist, aber auch Stücke der von Wedgwood beeinflussten Manufakturen Leeds oder Creil. Die außergewönliche Sammlung ist in der Ausstellung "Speisen wie die Queen" im Museum Zeughaus zu sehen.

Neugierig geworden?

Bewundern Sie die weltweit älteste bekannte Wedgwood-Terrine und weitere fragile Kostbarkeiten in der Ausstellung Speisen wie die Queen.