Wann lebte das Weinheimer Mammut?

In der Nähe von Weinheim wurde Ende der 1960er Jahre ein fast vollständiger Mammutschädel gefunden. Dank modernster Methoden konnte ein Mannheimer Forscherteam jetzt nachweisen, dass das Weinheimer Mammut deutlich älter ist als bisher angenommen.

Dort wo sich heute Erholungssuchende der Region für ein abkühlendes und erfrischendes Sommerbad aufhalten, grasten während der letzten Eiszeit vor ein paar Jahrzehntausenden Mammute. Die Rede ist hier vom Waidsee, ein bekannter Badesee nahe der Autobahn 5 bei Weinheim.

Dieser Grundwassersee entstand in den Jahren 1966 bis 1970 während des Baus der Autobahn 5 zwischen Darmstadt und Heidelberg. Als Kies- und Sandgrube genutzt wurden hier während dieser Zeit 2 Millionen Kubikmeter Neckarablagerungen als Schüttmaterial für Trasse und Dämme an der Baustelle gewonnen. Der See hat 24 Hektar Wasserfläche, mit einer mittleren Seetiefe von 15 Metern, einer maximalen Seetiefe von etwa 30 Metern, einer maximalen Ost-West-Ausdehnung von 700 Metern und einer maximalen Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 500 Metern.

Skelettreste von eiszeitlichen Tieren

Über die Kies- und Sandgewinnung kamen über die Baggerschaufel auch immer wieder Skelettreste von eiszeitlichen Tieren an die Oberfläche. Diese Funde sind nicht nur Zeugen für das oben genannte Mammuttreiben in der Region während der letzten Eiszeit, sondern auch wichtige Klima- und Umweltarchive. Unter Anwendung modernster Analyseverfahren können Spezialisten an den Knochen z.B. bestimmen, was die Tiere gegessen haben. Darüber lassen sich wiederum Rückschlüsse auf die Vegetation bzw. Klima- und Umweltverhältnisse gewinnen. Auch das Alter der Knochen lässt sich über die sogenannte Radiokarbon- oder 14C-Methode bestimmen. Eine Altersbestimmung ist sehr wichtig, denn nur so lassen sich die Informationen zur Lebenswelt des jeweiligen Tieres einer bestimmten Zeit zuordnen.

Bedeutendster Fund aus dem Waidsee ist ein fast vollständiger Mammutschädel eines erwachsenen Tieres. Der 1,5 Zentner schwere Schädel wurde Ende der 1960er Jahre in einer geschätzten Tiefe von etwa 15 Metern entdeckt und ist heute als besonderes Highlight im Museum in Weinheim zu bestaunen. Sein rechter Stoßzahn ist schon zu Lebzeiten abgebrochen, der linke brach beim Ausbaggern ab. Das Alter des Schädels wurde bisher immer nur geschätzt und an unterschiedlichen Stellen mit Werten von 10.000 bis 20.000 Jahre angegeben.

Interdisziplinäre Erforschung

Am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie an den Reiss-Engelhorn-Museen befinden sich Labore mit modernsten Analysegeräten, um auch die Knochenarchive des Eiszeitalters zu untersuchen und hinsichtlich der Klima- und Umweltinformationen der jüngsten erdgeschichtlichen Vergangenheit zu entschlüsseln. Dazu gehören im Klaus-Tschira-Labor für physikalische Altersbestimmung neben dem Massenspektrometer für die Isotopenanalysen zur Ernährungsrekonstruktion auch eines der modernsten Messgeräte zur Altersbestimmung mit der 14C-Methode.

Zur interdisziplinären Erforschung der eiszeitlichen Knochenfunden aus den Kies-/ Sandgruben im Oberrheingebiet gib es seit Ende 2016 an den Reiss-Engelhorn-Museen und dem Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Kooperation mit der Universität Potsdam ein großes, interdisziplinäres, von der Klaus Tschira Stiftung Heidelberg gefördertes Forschungsprojekt unter dem Titel „Eiszeitfenster Oberrheingraben“. Im Rahmen des Projektes werden Funde aus der Sammlung Reis in den Reiss-Engelhorn-Museen untersucht, ergänzend aber auch oberrheinische Fundstücke aus anderen Museen und Sammlungen.

Alter des Weinheimer Mammuts bestimmt

In diesem Zusammenhang kam es im Vorfeld der großen Sonderausstellung „Eiszeit-Safari“ auch zu einer Datierung des Weinheimer Mammutschädels. Dazu wurde im Sommer 2020 eine etwa 1cm große Knochenprobe am Hinterhaupt des Schädels entnommen und im Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie aufbereitet und gemessen bzw. datiert. Das Ergebnis ist überraschend, denn der Fund ist mit einem Alter von rund 41.750 Jahren deutlich älter als bisher vermutet. Damit lebte das Mammut in unserer Region zu einer Zeit, als das Klima etwas gemäßigter war und der frühe anatomisch moderne Mensch in Europa eintraf. Wenig später fertigte dieser auf der Schwäbischen Alb Kunstwerke aus Mammutbein an, wie z.B. den weltberühmten Löwenmenschen aus der Hohlenstein Stadel-Höhle im Lonetal oder Elfenbeinflöten aus der Geißenklösterle Höhe bei Blaubeuren.

Neugierig geworden?

Mammuts und andere Bewohner der letzten Eiszeit gab es in der Sonderausstellung Eiszeit-Safari zu bewundern. Entdecken Sie die digitalen Angebote zur Schau.

Erfahren Sie mehr über das Forschungsprojekt Eiszeitfenster Oberrheingraben.

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Lesetipps

  • Conard, N. & C.-J. Kind (2017): Als der Mensch die Kunst erfand: Eiszeithöhlen der Schwäbischen Alb.- 192 S; Darmstadt.
  • Geyh, M. A. (2005): Handbuch der physikalischen und chemischen Altersbestimmung.-  211 S.; Darmstadt.
  • Rosendahl, G., Döppes, D., Friedland, S.N. & Rosendahl, W. (2016): Eiszeit-Safari: Reisebegleiter.- 224 S.; München.