Der Weg der Frau zur Kunst

Die internationale Kunstausstellung Biennale in Venedig gibt der Kunst von Frauen in diesem Jahr viel Raum. Dies nehmen wir zum Anlass, drei Künstlerinnen aus der Kurfürstenzeit vorzustellen. Sie sind mit ihren Werken in der rem-Gemäldesammlung vertreten. Zum Handwerk der Malerei kamen sie noch auf ganz anderem Weg, als es heute üblich ist.

Der Besuch einer Kunsthochschule ist mittlerweile nicht mehr unbedingt Voraussetzung für eine vielversprechende Karriere als Malerin. Er kann aber dennoch der erste Schritt einer aufstrebenden Künstlerin sein, bevor sie dann ihren individuellen Weg wählt.

Malende Frauen im 17., 18. oder 19. Jahrhundert durften nicht einfach eine öffentliche Kunsthochschule besuchen, wie zum Beispiel die im 18. Jahrhundert gegründete Mannheimer Zeichnungsakademie. Erstmals schrieb sich in Deutschland Ende 1918 eine Frau an einer Kunsthochschule ein, was noch lange nicht die Norm darstellte. Teure private Malschulen gab es nur bedingt, meistens arbeiteten begabte männliche Schüler in Ateliers angesehener Maler und schlossen dort ihre Ausbildung ab.

Die Familie als Ausbildungsstätte

Im 18. Jahrhundert war es gang und gäbe, das Handwerk des Vaters zu übernehmen und es von ihm zu erlernen. So wurde auch die Berlinerin Anna Dorothea Therbusch (1721-1782) von ihrem Vater Georg Lisiewski in die Malerei eingewiesen, ebenso wie alle Geschwister der aus Polen stammenden Künstlerfamilie. Der Berufsweg des Vaters war für den Lebensweg der Kinder also ausschlaggebend, was damals als selbstverständlich galt. Für eine Frau bzw. Tochter standen als Alternative lediglich die ehelichen Pflichten sowie die Hausarbeit zur Auswahl.

Im bereits fortgeschrittenen Alter von vierzig Jahren nahm Anna Dorothea Therbusch nach der Heirat ihre künstlerische Tätigkeit wieder auf und wurde 1761 an den Stuttgarter Hof berufen. Ihres ausgesprochenen Talents wegen verpflichtete sie Kurfürst Carl Theodor zwei Jahre später auch für den Mannheimer Hof, wo sie ihn und andere wichtige Mannheimer Persönlichkeiten – wie den hier abgebildeten Architekten des Zeughauses Peter Anton von Verschaffelt – porträtierte. Die fundierte Ausbildung bei ihrem Vater sowie ihr eigenes Talent verschafften der Künstlerin schließlich auch Aufträge für Friedrich II. von Preußen und den Berliner Hof. Weitere bedeutende Stationen führten sie an die Wiener Akademie sowie an die renommierte Académie Royale in Paris.

Eine Ausnahmekünstlerin

Neben der innerfamiliären Ausbildung wurden Künstlerinnen bis ins 18. Jahrhundert noch selten von einem weiteren Meister der Malerei unterrichtet. Eine davon ist die Amsterdamer Stilllebenmalerin Rachel Ruysch (1663-1750). Bereits zu Lebzeiten war sie erfolgreich und erlangte entsprechende Bekanntheit. Obwohl ihr Vater kein Künstler sondern Professor der Anatomie und Botanik war, wurde sie in jungen Jahren von ihren Eltern in der Malerei unterrichtet. Da sie vor allem Pflanzen darstellte ist es naheliegend, dass sie die Faszination für Flora und Fauna durch die Arbeit ihres Vaters gewann. Ab ihrem fünfzehnten Lebensjahr wurde Rachel Ruysch vom Stilllebenmaler Willem van Aelst unterrichtet.

Obwohl sie einen Großteil ihrer Erfolge durch Gemeinschaftsarbeiten mit ihrem Ehemann erlangte, dem Porträtmaler Juriaen Pool II. (1665-1745), schuf sie mit völlig eigenständigen Blumen- und Früchtestillleben äußerst eindrucksvolle Werke, mit denen sie künstlerisch hervortrat. Dies war keineswegs selbstverständlich, gaben doch Frauen aus Künstlerfamilien ihre Bilder oftmals als Werke der männlichen Familienmitglieder aus, damit sie entsprechende Akzeptanz in der Gesellschaft fanden und sich besser verkaufen ließen. Auch aus diesem Grund haben manche grandiosen Künstlerinnen nie die Bekanntheit und Achtung erlangt, die ihnen zugestanden hätte. Rachel Ruysch hingegen konnte mit ihrer Kunst noch weitere große Erfolge erzielen, darunter 1701 ihre Aufnahme als erste Frau in die Lukasgilde in Den Haag sowie 1708 ihre Ernennung zur Hofmalerin durch den pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm.

Mit Können und etwas Glück

Networking ist noch heute eine der wichtigsten Strategien, um im Beruf erfolgreich zu sein. So profitierte auch Catharina Treu (1743-1811) von ihren Kontakten und denen ihrer Familie. Durch gute Vernetzung in der adeligen Gesellschaft war Catharina Treus Begabung bekannt, der sie 1769 ihre Ernennung durch Carl Theodor zur kurfürstlichen Kabinettmalerin in Mannheim verdankte. Dort genoss die Malerin das Privileg einer überdurchschnittlich guten Bezahlung ebenso wie die Möglichkeit zum Reisen. Dadurch war sie außerdem in der Lage, europaweit Interessenten und Auftraggeber für ihre Kunst zu finden. Häufig stammten sie aus dem wohlhabenden Bürgertum, zu dem auch die Familie Treu gehörte. Insofern war es möglich gewesen, den insgesamt fünf Geschwistern eine künstlerische Ausbildung finanzieren zu können. Treus Mutter war selbst Tochter eines Malers und wie die gesamte Familie künstlerisch begabt, die an fürstlichen Höfen in ganz Deutschland tätig war. Nach kurzer Ehe mit einem acht Jahre jüngeren Mann bewies Catharina Treu, dass sie als Frau ihrer Zeit auf eigenen Füßen stehen konnte und als Künstlerin entsprechend wahrgenommen wurde. Ihr Aufsehen erregender Lebenslauf wurde 1776 gekrönt, als Kurfürst Carl Theodor sie zur Professorin an der Düsseldorfer Kunstakademie ernannte. Damit war sie europaweit die erste Malerin, der dieser Titel zu Teil wurde.

In ihrer Anerkennung hatten Künstlerinnen bislang stets mit großen Vorbehalten zu kämpfen. Die Lebenswege von Catharina Treu, Anna Dorothea Therbusch und auch Rachel Ruysch mögen deshalb für ihre Zeit bezeichnend sein, inwieweit sie sich mit ihrer Kunst behaupten konnten und ihren männlichen Kollegen durchaus ebenbürtig waren bzw. sie künstlerisch gar noch übertrafen.

Neugierig geworden?

Mehr über die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen der rem erfahren Sie hier

Weitere Künstlerinnen der Kurfürstenzeit und ihre Werke stellen wir Ihnen in einer Bildergalerie vor.