Schritt für Schritt zu mehr Inklusion im Museum

Die Reiss-Engelhorn-Museen verstehen sich als lebendiges Museum für alle. Mit neuen Angeboten öffnen wir uns einem breiteren Publikum. Dank einer Förderung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg verfügen unser Museum Weltkulturen und die Ausstellung „Versunkene Geschichte“  jetzt über einen inklusiven Rundgang. Entdecken Sie unser neues multisensuales und interaktives Kulturangebot.

Seit 2022 steht die neue Museumsdefinition des International Council of Museums (ICOM) fest. Erstmals wird darin verlangt, dass Museen auch inklusiv arbeiten müssen:

„Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch.“

Museum partizipativ gestalten

Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention – „Nicht über uns ohne uns“ –  war direkt zu Projektbeginn klar, dass man nur unter Einbeziehung der Expert:innen in eigener Sache, also durch partizipatives Arbeiten, Inklusion erfolgreich vorantreiben kann. Daher sind alle Maßnahmen, die dank des inklusiven Projekts umgesetzt wurden, ein Gemeinschaftsergebnis zwischen den rem und dem Badischen Blinden- und Sehbehindertenverein V.m.K., der Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit Rhein-Neckar e.V. und dem Gehörlosenverein Mannheim e.V.

In mehreren Projektreffen wurden gemeinsam die Ziele festgelegt, die Maßnahmen besprochen, die Ergebnisse von den Expert:innen getestet und gegebenenfalls angepasst.

Museum fühlen

Museum taktil erfahrbar zu machen, ist für sehbeeinträchtigte und blinde Menschen ein Muss, aber auch Sehende profitieren von einem multisensualen und interaktiven Ausstellungszugang. 

Im Gespräch mit den Expert:innen in eigener Sache stellte sich heraus, dass ein großer Mehrwert darin besteht, Originalmaterialien bei den taktilen Elementen zu nutzen. Daher wurden für fast alle Stationen Repliken in Originalmaterial bestellt. Bei der Planung und Umsetzung wurde darauf geachtet, dass die inklusive Bedienung der Stationen immer gewährleistet ist. Wenn Sie unsere Ausstellung „Versunkene Geschichte“ besuchen, können Sie unter anderem verschiedene Schädelabgüsse mit passendem Werkzeug sowie Tierfelle berühren, ein bronzezeitliches Schwert fühlen, römisches Geschirr sowie den Schmuck einer mittelalterlichen Frau ertasten.

Darüber hinaus war Teil aller Stationen auch die Einbettung von Beschriftungen in Braille- und Profilschrift. Da es eine große Anzahl an späterblindeten Menschen gibt, ist es sinnvoll, die Braillebeschriftung (Pünktchenschrift) durch eine Profilschrift zu ergänzen. Diese besteht aus Normschrift in erhabenen Buchstaben, sodass sie sowohl visuell als auch taktil lesbar ist.

Museum sehen

Ausstellungen sind klassischerweise „Futter für die Augen“. Seit es museale Präsentationen gibt, sind diese auf die visuelle Wahrnehmung von Objekten und passenden Texten ausgelegt. Damit möglichst viele Menschen davon profitieren können, haben wir auch hier Anpassungen vorgenommen. Damit auch Rollstuhlfahrer:innen die Objekte und Stationen optimal sehen können, wurde eine Neupositionierung einiger Texte sowie die Unterfahrbarkeit der neuen taktilen Stationen in Angriff genommen.

Eine weitere Neuheit ist die Einbettung von 12 Expert:innen-Videos in die Ausstellung, die zusätzlich zur Lautsprache auch über Untertitel und Deutsche Gebärdensprache verfügen. Dies war uns ein Anliegen, damit auch gehörlose Menschen die Ausstellungsinhalte in ihrer Muttersprache genießen können. Die deutsche Schriftsprache ist im Gegensatz dazu wie eine Fremdsprache zu verstehen. Besonders am Herzen lag uns außerdem die Produktion eines neuen Videos zum Thema Behinderung in der Steinzeit, um die Sichtbarkeit von Behinderungen in der Archäologie und Geschichte zu stärken. Auf der Webseite haben wir außerdem drei inklusive Informationsvideos eingebunden.

Museum hören

Bereits vor diesem Projekt waren immersive Umgebungsgeräusche wie z.B. Vogelgezwitscher oder das Meckern einer Ziege Teil der Ausstellung. Diese sind für sehbeeinträchtigte oder blinde Menschen eine Bereicherung.

Die inklusiven Videos aus dem letzten Abschnitt sind außerdem so angelegt, dass sie auch ohne Bild (ähnlich wie ein Podcast) nutzbar sind. Bildschirme mit Tasten gewährleisten einen inklusiven Zugang zu den Inhalten.

Ein großer Wunsch der Zielgruppen sowie der rem ist die Erstellung eines audiodeskriptiven Audioguides. Der Audioguide soll durch die Ausstellungsräume führen und neben den Informationen zu den Exponaten auch die Ausstellungsarchitektur und -gestaltung beschreiben. Leider war dies im Rahmen des Projekts finanziell nicht möglich. Die rem bemühen sich jedoch um eine geeignete Förderung, die eine technische Umsetzung ermöglichen soll.

Museum verstehen

Um einen besseren Zugang zu unseren Angeboten zu ermöglichen, wurde im Museum Weltkulturen auch ein Blindenleitsystem installiert. Das System hilft bei der Orientierung im Gebäude und in der Ausstellung, in dem es Laufwege vorgibt und inklusive Stationen ansteuert.

Um einen leichteren Zugang zu den Ausstellungsinhalten bereit zu stellen, wurde zudem ein Guide in Leichter Sprache produziert. Dieser kann am Anfang der Ausstellung „Versunkene Geschichte“ ausgeliehen werden. Darin sind die wichtigsten Inhalte mit kurzen Sätzen und Bildern erläutert.

Das Ende des Projekts war nur der Anfang von mehr Inklusion an den rem. Wir wollen uns auch in Zukunft gemeinsam auf den Weg machen, um noch mehr Inklusion in unsere Häuser zu bringen. Wir freuen uns auf Anregungen, Wünsche und Ideen!

Für die Zusammenarbeit danken wir unseren Kooperationspartner:innen:

 

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