Mode unter freiem Himmel – Walde Huth zum 100. Geburtstag
Walde Huth war eine herausragende Fotografin, deren oft unkonventioneller Stil nachfolgende Generationen geprägt hat. Wie kaum eine andere besaß sie ein Gefühl für anmutige Inszenierungen, vollendete Lichtsetzung und grafische Kontraste. Ob formale Sachaufnahmen, emphatische Portraits oder avantgardistische Modeaufnahmen – immer setzen ihre Aufnahmen die Menschen, Models wie auch simple Gebrauchsgegenstände perfekt in Szene.
Geboren wurde Waldberta Huth am 29. Januar 1923 in Stuttgart. Doch Walberta, diesen Namen mochte sie gar nicht und nannte sich kurzum Walde. Zwar träumte sie nach dem Schulabschluss von einer Schauspielkariere. Dennoch befolgte sie zunächst den Rat ihres Vaters, ein Ingenieur und begeisterter Amateurfotograf, und wechselte als 17-jährige an die Hochschule für angewandte Kunst und Handwerk nach Weimar. Das Fotografenhandwerk erlernte sie bei keinem Geringeren als Walter Hege (1893-1955), dem damals bedeutendsten Architekturfotografen seiner Zeit.
Diese frühe intensive Beschäftigung mit der Architekturfotografie sollte für Walde Huths späteren Modeaufnahmen richtungsweisend werden. Zudem begriff die junge Fotografiestudentin schnell, dass dieses Medium weit mehr als ein rein technisches Handwerk ist – ein Vorwurf, der der Fotografie im Allgemeinen lange anhaftete. Nach dreijährigem Studium absolvierte sie in den Wirren des Zweiten Weltkriegs ihre Prüfung zur Fotografin mit Auszeichnung.
Um dem Zwangsdienst zu entgehen, nahm sie auf Empfehlung Walter Heges, eine Anstellung beim Agfa-Werk in Wolfen, der damals führenden Entwicklungsabteilung für Farbfotografie in Deutschland, an. Wie sehr diese Anstellung den zeitpolitischen Umständen geschuldet war, zeigt sich vor allem in der Tatsache, dass Walde Huth die Farbfotografie für ihre eigene fotografische Arbeit als „zu kitschig“ ablehnte. Ihre anfängliche Abneigung gegen die Farbfotografie legte sich allerdings recht zügig. Vielmehr lehrte sie ihr Arbeitsalltag, die vielfältigen Möglichkeiten der farbigen Bildgestaltung zu schätzen.
Karriere als Fotografin
Ihre Karriere als Fotografin begann 1945. Für die sogenannte Kennkarten-Aktion im Zuge der angeordneten Einführung eines einheitlichen polizeilichen Inlandausweises fertigte Walde Huth im Auftrag der Alliierten Porträts von den Einwohnern im schwäbischen Esslingen. Ein Jahr später eröffnete sie hier ihr erstes Studio, das unter dem Namen „Künstlerische Lichtbildwerkstätte“ firmierte. Ihr fotografischer Blick war zu dieser Zeit geprägt von jener modernen, einem objektiven Realismus folgenden Bildsprache, die unter dem Begriff „Neue Sachlichkeit“ in den 1920er-Jahren entstanden war und unter subjektiven Vorzeichen die sachliche Fotografie der Fünfzigerjahre prägen sollte. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. 1953 bezog sie ein geräumiges Atelier in Stuttgart. Hatte sich Walde Huth während ihrer beruflichen Anfangsjahre neben Porträts auch der Theaterfotografie gewidmet, spezialisierte sie sich nun vollends auf die Werbe- und Modefotografie.
Im Auftrag der Mode
Im Auftrag der Mode bereiste Walde Huth die Welt. Zwischen 1953 bis 1956 war sie für deutsche Magazine hauptsächlich in Florenz und Paris beschäftigt. In der französischen Metropole entstanden auch ihre berühmtesten Aufnahmen, für die sie völlig neue Wege in der Modefotografie beschritt. Anstatt die Models – die damals noch Mannequins hießen – im Atelier oder vor adäquater Kulisse abzulichten, holte sie diese auf die Straße und fotografierte sie unter freiem Himmel vor dem Eiffelturm oder am Pariser Pont Neuf. Dabei gelang es ihr auf einzigartige Weise, die Models in spannungsreichen Kontrasten zur Architektur abzulichten. Ihre Aufnahmen sind anmutige Inszenierungen, bei denen die starren Architekturen mit der vornehmen Leichtigkeit und Eleganz der Models eine kompositorische Synthese eingehen. Die großen Modeschöpfer jener Zeit wie Dior, Balmain und Givenchy beauftragten sie beinahe exklusiv für ihre Couture-Kampagnen.
Rückkehr nach Deutschland
Auch die renommierten Modemagazine liebten Walde Huths innovativen, unangepassten Stil. Als die Vogue sie unter Vertrag nehmen will, lehnt sie jedoch ab. Stattdessen heiratete Sie den Architekturfotografen Karl Hugo Schmölz (1917-1986) und zog mit ihm nach Köln, wo sie 1958 gemeinsam ihr Fotostudio „schmölz + huth“ gründeten. Das Paar arbeitete im Auftrag namhafter Unternehmen, schon bald zählte ihr Studio zu den renommiertesten Adressen in der deutschen Werbefotografie. Der Modefotografie blieb Walde Huth dennoch treu. Sie konnte es sich leisten, denn dank ihres ausgezeichneten Rufs in der Modebranche reisten Models aus Paris eigens nach Köln, um sich von ihr ablichten zu lassen.
Mit dem Tod ihres Mannes 1986 gab Walde Huth das gemeinsame Atelier, nicht aber die Fotografie auf. In ihren letzten Schaffensjahren beschäftigte sie sich mit freieren und experimentellen Themen und experimentierte bis ins hohe Alter mit neuen schöpferischen Möglichkeiten der Fotografie. Ihr Leben endete auf tragische Weise, als sie am 11. November 2011 mit 88 Jahren bei einem Brand in ihrer Kölner Wohnung verstarb.
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